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Aus der agilen Methodenkiste | Obeya Room – alle wichtigen Informationen und Entscheider an einem Ort versammelt

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Ich bin ein großer Freund der visuellen Darstellung von Informationen. Ein Kanbanboard ist ein Beispiel für solch eine Visualisierung. Obeya Room oder Big Room ist ein Ansatz, der sich ebenfalls diese Idee zu eigen macht. Obeya, der Begriff kommt aus dem Japanischen. Das deutet schon an, aus welcher Ecke die Grundidee ursprünglich stammt. Obeya wird gerne mit Big Room, also großer Raum übersetzt. Mir ist zwar auch der Begriff „Kommandozentrale“ in diesem Zusammenhang über den Weg gelaufen. Das wird jedoch der Grundidee der Philosophie und den Prinzipien hinter dem Begriff nicht gerecht.

Definition Obeya

Die Obeya Association, die sich auf die Fahne geschrieben hat, das Konzept bekannt zu machen und fachlich zu untermauern, liefert eine – wie ich finde – treffende Definition, die ich aus dem Englischen kurzerhand übersetz haben:

„Obeya ist ein System, ein Konzept, eine Philosophie, die durch eine bestimmte Reihe von Ideen („Prinzipien“) definiert wird. Organisationen nutzen diese 11 Obeya-Prinzipien im Streben nach einer integrativen und nachhaltigen Entscheidungsfindung.

Die meisten Menschen kennen Obeya als einen physischen oder digitalen Arbeitsbereich, in dem Strategie und Ausführung aufeinandertreffen. Obeya leitet sowohl das Verhalten als auch die Gestaltung der Arbeitsumgebung. […]

Quelle: https://obeya-association.com/what-is-an-obeya/, abgerufen am 04.08.2022

Vereinfacht ausgedrückt: Es geht darum, alle Menschen, die mit Informationen zu einer Entscheidung beitragen können, in einem großen Raum zu versammeln, damit sie in den Austausch treten und gemeinsam beraten und gute Entscheidungen treffen können. So etwas ähnliches kennen wir bereits aus diversen agilen Rahmenwerken wie Kanban und Scrum in Form der Dailys, Retrospektiven u. ä.

Der „Große Raum“ geht allerdings noch ein bisschen weiter. Es verbindet weitere Elemente des Lean Thinkings und der agilen Arbeitsweisen (kleine Randbemerkung: Obeya selbst ist deutlich älter als die Rahmenwerke, die wir als agil kennen) mit visuellen Elementen zu einem „visuellen Informations- und Entscheidungsforum“. Es gibt auf der großen Fläche des Raumes feste Plätze für bestimmte Informationen, sodass die alle Beteiligten jederzeit und sofort wissen, wo sie welche Informationen finden. Alles hat also einen festen Platz. Die wichtigen Informationen sind visuell aufbereitet, für alle sichtbar und Zusammenhänge lassen sich schnell erkennen.

Referenzmodell

Obeya-Referenzmodell in Anlehnung nach Tim Wiegel

Es auch hierzu Gestaltungsvorschläge, wie das von Tim Wiegel (2020) in Leading with Obeya: 29 vorgeschlagene Referenzmodell mit den fünf Elementen:

  • Strategie
  • Deliver Value (Wertschöpfung)
  • Act and Respond (Handeln und Reagieren)
  • Drive Performance (Leistungspotential)
  • Solving Problems (Problemlösung)

Gemeinsam ist den Referenzmodellen, dass sie sich im Kern am PDCA-Zyklus orientieren. Sie liefern für die visuelle Gestaltung des „Großen Raums“ eine sehr gute Grundlage. Ausgangspunkt ist die „Strategie“ oder auch der Zweck/das Weshalb, von der sich die einzelnen Felder ableiten, die jeweils verschiedene „Handlungsbereiche“ vertreten.

Der Bereich Strategie umfasst alle strategischen Fähigkeiten rund um dem „Zweck“, der erfüllt werden soll. Dieses Feld ist in der Regel eng gekoppelt mit der Gesamtstrategie der Organisation. Hier finden sich daher alle Strategie relevanten Informationen, wie ggf. strategische Ziele der Nordstern, Beschreibung der Bedürfnisse der Anspruchsgruppen/Kunden, relevante „Produktgruppen“ u. ä. Hier haben wir die strategische Ebene abgebildet.

Im Feld „Wertschöpfung“ finden wir üblicherweise alle Informationen rund um die Wertschöpfung auf taktischer Ebene wie zum Beispiel ein Portfolio Funnel, Wertstrombeschreibungen, Roadmaps oder ein Kanbanboard mit entsprechenden Aufgaben und Themen.

Der Bereich Handeln und Reagieren umfasst bereits das operative Tun. Hier finden sich alle Informationen, die eine aktives Handeln und Reagieren im alltäglichen Tun betreffen und bei den die Beteiligten gemeinsam Entscheidungen treffen. Hier werden typsicherweise Hindernisse gesammelt, der Auflösungsfortschritt sichtbar gemacht und transparent gemacht und die Aufgaben im Taskboard oder eine Kanbanboard sichtbar gemacht.

Das Pendant auf der gegenüberliegenden Seite zur Wertschöpfung ist der Bereich „Performance“ oder auch Leistungsmessung in von entsprechende Metriken, die dabei helfen, einordnen zu können, welche Wirkungen erzielt werden. Hier finden sich im agilen Kontext zum Beispiel Velocity, Durchlaufzeiten und Ähnliches. Es lohnt in diesem Zusammenhang sich auch Gedanken zu machen, inwieweit statt klassischer „Leistungskennzahlen“ (Key Performance Indicator) den Fokus auf Key Value Indicator zu richten, die die Effektivität in den Vordergrund stellen. Dies Metriken in den Beritt des evidenzbasierenden Managements.

Die Problemlösungszone, der Bereich, in dem ganz konkret gemeinsam auf operativer Ebene Problem und Herausforderungen bearbeitet und aufgelöst werden.

Es bietet sich an, die jeweiligen Handlungsfelder in einem festen Rhythmus – je nach Betrachtungsebene – in den Fokus zustellen. Während die operative Arbeitsebene Teil es täglichen Austausches ist, wird der die taktische Ebene einmal in der Woche und die strategische Ebene einmal im Monat als Schwerpunktaufgabe in Zentrum des Austausches gestellt. Es bietet sich an, die jeweiligen Handlungsfelder in einem festen Rhythmus – je nach Betrachtungsebene – in den Fokus zustellen. Während die operative Arbeitsebene Teil es täglichen Austausches ist, wird der die taktische Ebene einmal in der Woche und die strategische Ebene einmal im Monat als Schwerpunktaufgabe in Zentrum des Austausches gestellt.

Abschließende Hinweise

Das Ganze findet nicht zum Selbstzweck statt. Auch bei Obeya steht, dass beständige Reflektieren und Lernen im Fokus. Der Einfluss der Ideen der Verbesserungs- und Coaching-Kata, das iterativ-inkrementelle Vorgehen agiler Ansätze, passt sehr gut in das Konzept. Großer Vorteil ist, dass alle wichtige Informationen jederzeit an einem Ort zu finden sind und durch die visuelle Darstellung ein Bild des Ganzen möglich ist. Außerdem lässt sich ein „Großer Raum“ hervorragend auch über alle Organisationsebenen skalieren.

Leider ist es kein Selbstläufer. Es hat sich in der Praxis bewährt, auch im Kontext von Obeya eine Facilitator als Prozessbegleiter und Moderator zu haben. Die Obeya Association schlägt sogar zwei Rollen vor: den „Obeya Builder“ (Fokus auf der Infrastruktur, visuellen Weiterentwicklung) und den „Obeya Host“ als Facilitator. Von der Notwenigkeit eines Obeya Builders bin ich persönlich nicht überzeugt, allerdings gefällt mir der Vorschlag von einem Obeya Host zu sprechen. Der Facilitator als Gastgeber, der den Raum schafft, damit die Gäste im großen Raum gute Entscheidungen treffen können. Das klingt ein wenig nach der hohen Kunst der Gastgeberschaft (Art of Hosting) aus dem Bereich der der Großgruppenmoderation.

An dieser Stelle der Hinweis, das Ganze lässt sich auch visuell darstellen. Ich nutze hierfür am liebsten ein digitales Whiteboard, das in Sachen Flexibilität bei der Gestaltung, aber auch von Optik her am ehesten einen analogen Obeya-Room nahekommt.


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